Wolf

Einst streift ich durch Wiesen und Wälder,
verfolgte der Mäuse Spur.
Die Nase versprach mir in Bälde
die fette Beute pur.

Mein Alter derweil saß nieder
und lauschte der Bienen Gesang.
Er streckte sich aus in den Feldern
Und machte die Glieder lang.

Mein Alter, der Schelm, der liebt Felder.
Dort borgt er sich manchen Hut.
Er redet mit Vogelscheuchen,
und macht den Starren dort Mut.

"Ich red mit den Vögeln" so sagt er,
"und Du läßt 's Erschrecken sein!
Als Dank liebe Vogelscheuche,
ist dein beschattender Hut jetzt mein."

Wenn ICH dann nach Mäusen grabe,
dann schaut er mich lange an.
"Wolf, alter Knabe", so meint er,
"mach doch den Mäusen nicht bang!"

So ist doch ein Hundeleben!
Es folgt seiner Nase Macht.
Es erlebt Geschichten durch 's Riechen,
ganz gleich, ob bei Tag oder Nacht.

Wenn ihr die Welt verstehen könntet
die ich mit meiner Nase seh,
dann, ja dann dürfte ich graben -
ich tu doch niemandem weh!

(c) Rosemarie Wiedmann  - 10.10.2003